Stiller Reflux Operation: letzte Maßnahme, die oft fehlschlägt

Letzte Aktualisierung:
23. November 2023

stiller reflux operation

Operationen können bei Stillem Reflux wirksam sein, bringen jedoch auch immer das Risiko von Komplikationen mit sich. Eine Operation ist daher das letzte Mittel der Wahl und nur im Extremfall zu empfehlen.

Zudem ist die Erfolgsquote von Operationen bei Stillem Reflux deutlich geringer, als bei klassischem Reflux. Klassischer Reflux ist flüssig und bleibt in erster Linie in der Speiseröhre, wo er Sodbrennen verursacht. Stiller Reflux ist ein Aerosol, also Luft mit beigemischten kleinen Refluxtröpchen. Vereinfacht könnte man auch sagen, Stiller Reflux ist gasförmig. Gasförmiger Reflux ist jedoch weitaus schwieriger durch eine Operation zu stoppen, als flüssiger Reflux.

Fundoplicatio – die etablierteste Operation gegen Reflux

Die Nissen Fundoplicatio ist die etablierteste Operation bei Reflux und Studien haben gezeigt, dass sie auch bei Stillem Reflux in gewissem Maße wirksam ist.[1]

Bei der Fundoplicatio wird der obere Teil des Magens um die Speiseröhre gewickelt, wodurch sich eine Schlinge oder Manschette bildet. Dadurch wird der Ösophagussphinkter (das Ventil zwischen Magen und Speiseröhre) zusammengedrückt und Reflux verhindert.

Die dokumentierten Erfolgsquoten der Nissen Fundoplication bei Stillem Reflux variieren stark, was vor allem daran liegt, dass bezüglich der Diagnosekriterien Uneinigkeit herrscht.

Eine Studie hat gezeigt, dass sich die Stiller Reflux Symptome in 75% der Patienten gebessert haben. Das heißt jedoch nicht zwangsläufig, dass die Symptome verschwinden, nur das sie weniger werden. Zum kompletten Verschwinden der Symptome liefert die Studie keine Informationen. Eine andere Studie hat genauer untersucht, in welchem Maße sich die Symptome verbessern: auf einer Skala von 0-45 haben sich die Symptome von im Schnitt 31,7 (sehr starke Symptome) auf 10 (schwache Symptome) reduziert.

Die Nissen Fundoplicatio kann also vielen Patienten mit Stillem Reflux helfen, aber die Erfolgsrate ist nicht überwältigend, wie bei klassichen Refluxsymptomem wie Sodbrennen. Diese werden durch eine Operation fast immer komplett beseitigt.

Zwar erscheint die durchschnittliche Verbesserung der Symptome vielversprechend. Sieht man sich die Daten jedoch genauer an, so profitieren manche Patienten sehr, andere gar nicht von der Operation. Bei manchen verschlimmern sich die Symptome sogar, oder neue Probleme kommen hinzu.

Die Unterschiede bei den Resultaten sind bei Stillem Reflux sehr hoch und schwer vorhersagbar.

In Fällen von extremem Reflux kann es eine Option sein, die meisten Patienten sind jedoch mit weniger eingreifenden Behandlungsmethoden besser beraten.

Nebenwirkungen der Fundoplicatio

Ein aufgeblähter Bauch und Schluckprobleme sind häufige Nebenwirkungen. Circa 10% leiden nach einer Nissen Fundoplicatio unter einem aufgeblähten Bauch.[2]

Zudem scheinen Verletzungen des Vagusnervs, welcher die Verdauung steuert, häufiger zu sein, als in der Vergangenheit angenommen wurde. Leichte Verletzungen können die Verdauungsorgane negativ beinträchtigen und Probleme wie Reflux verstärken.[3]

Studien haben gezeigt, dass eine Verletzung des Vagusnervs in 10-42% der Operationen auftritt.[4]

LINX Implantat

LINX ist ein Magnetring, der in Höhe des Ösophagussphinkters um die Speiseröhre herum implantiert wird. Bei dem Implantat sind mehrere kleine Magnete wie auf einem Armband aufgereiht und unterstützen so die Schließfunktion des Ventils.

LINX ist insbesondere bei Patienten beliebt, da versprochen wird, dass er sich problemlos wieder entfernen lässt, wenn er Probleme macht. Jedoch ist dieser Vorteil trügerisch, da auch nach der Entfernung des Rings dauerhafte Veränderungen des Gewebes um die Speiseröhre herum bestehen bleiben, beispielsweise Narbengewebe. Gerade dieses Narbengewebe ist aber der Grund, warum viele LINX Operationen fehlschlagen, da es in die natürliche Funktion der Speiseröhre eingreift. Weitere Operationen (wie eine Fundoplicatio) werden durch diese Veränderungen selbst nach Entfernen des Implantats erschwert und ihre Erfolgsrate verringert, auch wenn sie technisch möglich sind. Entsprechend ist der Eindruck der bei Patienten oft entsteht, dass LINX problemlos reversibel ist, falsch.

LINX wird unter Medizinern sehr kontrovers diskutiert. Es gibt große Befürworter, als auch große Kritiker. Im Gegensatz zur Fundoplicatio, wird das LINX Implantat von einem Medizingerätehersteller hergestellt und vermarktet, weswegen weitaus mehr Marketingdruck für das Gerät besteht, als bei der Fundoplicatio.

Schluckprobleme, Beeinträchtigung der Speiseröhrenfunktion, Blockierung der Funktion durch Narbengewebe und der Pooling Effekt (Ansammlung von Spucke in der Speiseröhre) sind häufige Beschwerden, die mit LINX auftreten.

Wie gut das LINX Implantat bei Stillem Reflux hilft, ist kaum erforscht. Die verfügbaren Daten beziehen sich vor allem auf klassische Refluxsymptome, welche einfacher zu kontrollieren sind. Das Unternehmen hält sich mit Daten zu Stillem Reflux sehr bedeckt und hat mehrere Interviewanfragen von mir abgelehnt. Das ist generell ein schlechtes Zeichen, wenn sich ein Medizinunternehmen so bedeckt zu seinen Produkten hält.

Ich kenne mehrere Operateure, welche aufgehört haben, LINX zu implantieren und stattdessen wieder ausschließlich die Fundoplicatio anbieten.

Nichtsdestotrotz bin ich gespannt, ob aus der grundsätzlichen Idee hinter dem Implantat in Zukunft möglicherweise verbesserte Versionen hervorgehen, mit besserem Erfolg und Daten bei Stillem Reflux.

Alternative zu Operationen

Eine Operation ist nur in extremen Fällen notwendig und meist kann der Stille Reflux durch andere Behandlungsmethoden unter Kontrolle gebracht werden.

Eine simple Ernährungsumstellung verspricht höhere Erfolgsraten bei Stillem Reflux, als eine Operation. Jedoch ohne die einhergehenden drastischen Nebenwirkungen.

In meinem Onlinekurs zur Behandlung von Stillem Reflux gehe ich genau darauf ein, wie du Atemwegsreflux und die Aktivierung der Pepsine durch Ernährungsmaßnahmen stoppen kannst.


Quellen

[1] van der Westhuizen L, Von SJ, Wilkerson BJ, Johnson BL, Jones Y, Cobb WS, Smith DE. Impact of Nissen fundoplication on laryngopharyngeal reflux symptoms. Am Surg. 2011;77(7):878-82.

[2] Carlson MA, Frantzides CT. Complications and results of primary minimally invasive antireflux procedures: a review of 10,735 reported cases. J Am Coll Surg. 2001;193(4):428-39.

[3] van Rijn S, Roebroek YG, Conchillo JM, Bouvy ND, Masclee AA. Effect of Vagus Nerve Injury on the Outcome of Antireflux Surgery: An Extensive Literature Review. Dig Surg. 2016;33(3):230-9.

[4] van Rijn S, Rinsma NF, van Herwaarden-Lindeboom MY, Ringers J, Gooszen HG, van Rijn PJ, Veenendaal RA, Conchillo JM, Bouvy ND, Masclee AA. Effect of Vagus Nerve Integrity on Short and Long-Term Efficacy of Antireflux Surgery. Am J Gastroenterol. 2016 Apr;111(4):508-15.

Über den Autor

Gerrit Sonnabend

Gerrits Sonnabends beruflicher Hintergrund ist in der qualitativen Forschung und Data-Science. Er hatte selbst starken Reflux. Hier kannst du mehr zu Gerrit erfahren.