Warum Sodbrennen ein Risikofaktor für Refluxsymptome in den Atemwegen ist
Neben Sodbrennen kann Reflux auch Symptome in den Atemwegen verursachen: Heiserkeit, Asthma, chronischer Husten, ständiges Aufstoßen und übermäßige Schleimbildung sind einige Beispiele.
Sodbrennen ist eine sehr häufige Erkrankung. Da es meist kurz nach dem Essen oder Trinken auftritt, ist die Ursache der Probleme sehr leicht zu erkennen.
Symptome in den Atemwegen sind jedoch weitaus schwieriger mit Reflux in Zusammenhang zu bringen. Deswegen wird Atemwegsreflux meist als Stiller Reflux bezeichnet. Still deswegen, da die Symptome weniger eindeutig sind als bei Sodbrennen. Die Symptome können sich zudem langsam über längere Zeit hinweg aufbauen, während Sodbrennen meist akut nach dem Essen auftritt. Dadurch wird Stiller Reflux meist lange Zeit nicht erkannt, fehldiagnostiziert, oder falsch behandelt.
Während bei Sodbrennen die Speiseröhre entzündet ist, werden beim Stillen Reflux die Atemwege geschädigt.
Warum sollten sich Betroffene von Sodbrennen dafür interessieren? Ganz einfach: sie haben eine MASSIV höhere Chance, auch Refluxsymptome in den Atemwegen zu entwickeln. Wer Reflux in die Speiseröhre hat, der hat meist auch Stillen Reflux. Jedoch unterscheidet sich jeder Mensch individuell darin, wo seine Schwachstellen sind und wo entsprechend die Symptome zuerst durchbrechen. Manche Menschen bekommen zuerst Speiseröhrensymptome, andere spüren eher Atemwegssymptome.
Bei Sodbrennen gelangt der Reflux nur in die Speiseröhre
Eine gewisse Menge an Reflux ist für die Speiseröhre komplett normal. Das kann sie aushalten. Erst wenn Reflux überhandnimmt, fangen die Schleimhäute an, sich zu entzünden.
Sodbrennen wird durch flüssigen Reflux verursacht. Dieser schafft es in der Regel nicht über die Speiseröhre hinaus, da Flüssigkeit relativ leicht vom Körper unten gehalten werden kann.
Stiller Reflux schafft es bis in die Atemwege
Während bei Sodbrennen der Reflux nur bis in die Speiseröhre gelangt, schafft es Stiller Reflux weiter nach oben.
Bei Stillem Reflux handelt es sich um eine Art Nebel, der winzige Tröpfchen Magenflüssigkeit mit sich trägt. Dieses Aerosol gelangt von der Speiseröhre leicht nach oben in die Atemwege, wo es sogar in die kleinsten Ecken erreicht.
Sowohl Sodbrennen als auch Stiller Reflux entstehen dadurch, dass Mageninhalt dort hingelangt, wo er nicht hingehört. Betrifft der Reflux die Atemwege, hat er es einfach etwas weiter nach oben geschafft als bei Sodbrennen.
Es ist logisch, dass jemand, der Reflux in die Speiseröhre hat, auch anfälliger für Symptome in den Atemwegen ist.
Eine Studie hat gezeigt, dass circa zwei Drittel der Patienten mit Speiseröhrensymptomen auch Symptome von Stillem Reflux haben.1
Beachte, dass es viele Patienten mit Stillem Reflux gibt, die keinerlei Sodbrennen haben. Die Symptome in Speiseröhre und Atemwegen können also auch isoliert voneinander auftreten.
Typische Symptome von Reflux in den Atemwegen sind:
1) Heiserkeit
Der Kehlkopf befindet sich nahe an der Speiseröhre. Deswegen ist die Stimme typischerweise als erstes vom Stillen Reflux betroffen.2
2) Asthma-ähnliche Atembeschwerden
Der Kehlkopf ist der Eingang zur Lunge.
Es liegt auf der Hand, dass der Reflux daher auch leicht in die Lunge gelangt. Dort verursacht er Entzündungen.
Das Gefährliche ist, dass diese Symptome dem echten Asthma stark ähneln. Daher wird Stiller Reflux selbst von Fachärzten oft als Asthma fehldiagnostiziert.
Die Refluxspezialistin Dr. Koufman aus den USA warnt, dass 80% der Asthmadiagnosen nicht korrekt sind und das meist Reflux die eigentliche Ursache der Symptome ist.3 Das liegt daran, dass in Arztpraxen Zeitmangel herrscht und oberflächlich behandelt wird. Alle chronischen Atemprobleme werden einfach als Asthma diagnostiziert, sofern keine Anzeichen für eine andere schwere Erkrankung zu sehen sind. In Wirklichkeit ist die Ursache der Symptome hingegen oft Stiller Reflux.
Laut Dr. Koufman lassen sich Asthma und Reflux folgendermaßen unterscheiden: Schwierigkeiten beim Ausatmen bedeuten Asthma. Hat man dagegen Probleme einzuatmen, sind die Beschwerden wahrscheinlich auf Stillen Reflux zurückzuführen.3
3) Refluxhusten
Entzündungen der Schleimhäute führen zu einer Zunahme der Schleimproduktion. Das ist eine Abwehrreaktion des Körpers.
Hustenreflexe sind wiederum ein Abwehrmechanismus, mit dem der Körper übermäßigen Schleim loswird. Andernfalls könnte der Schleim die Atemwege blockieren.
Dadurch kann Stiller Reflux zu chronischem Husten führen, da dauerhaft zu viel Schleim produziert wird.4
4) Ohrentzündungen
Was vielen nicht bewusst ist: Die Ohren sind mit den Atemwegen verbunden.
Die sogenannte Eustachische-Röhre verbindet Nase und Ohren, um für Druckausgleich zu sorgen.
Man merkt das, wenn man die Nase zuhält und mit geschlossenem Mund versucht auszuatmen. Dann pumpt man Luft in die Ohren.
Durch diese Verbindung kann der gasförmige Reflux in die Ohren gelangen.
Es sind zwar nur geringe Mengen Reflux, die es so weit schaffen, doch die Ohren sind nicht dafür gemacht, mit Reflux umzugehen. Sie sind ein enorm empfindliches Organ. Bei anfälligen Menschen kann es daher zu Ohrentzündungen kommen.5
5) Kloßgefühl im Hals
Entzündungen können sich durch Rötungen, Schleimbildung und Schwellungen bemerkbar machen.
Die Schwellungen können zu einem Gefühl führen, als hätte man einen Kloß im Hals.4 Der medizinische Begriff dafür ist „Globus-Syndrom“.
Je nachdem, wo die Schwellungen sitzen, können sie beim Schlucken Probleme verursachen.
Du siehst also, die Symptome von Stillem Reflux sind deutlich komplexer als bei Sodbrennen.
Falls du mehr zu den Symptomen erfahren willst: hier findest du meinen ausführlicheren Artikel zu den Stillen Reflux Symptomen.
Hast du Symptome von Stillem Reflux?
Die Symptome von Stillem Reflux können anderen Krankheiten sehr ähneln.
Um eine erste Diagnose zu vereinfachen, haben Ärzte und Forscher den sogenannten Reflux-Symptom-Index (RSI) entwickelt, mit dem die Symptome von Stillem Reflux ermittelt werden können.6
Der RSI besteht aus einer Sammlung von Fragen. Als Ergebnis bekommt man einen Wert berechnet. Mit diesem kann man einschätzen, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Person Stillen Reflux hat.
Du kannst den RSI-Test auf Stillen Reflux auch hier auf Refluxgate durchführen.
Quellen
- Shilpa C, Sandeep S, Chandresh S, Grampurohit A, Shetty TS. Laryngopharyngeal Reflux and GERD: Correlation Between Reflux Symptom Index and Reflux Finding Score. Indian Journal of Otolaryngology and Head & Neck Surgery. 2019;71(S1):684-688. doi:10.1007/s12070-018-1480-7
- Lechien JR, Huet K, Khalife M, et al. Impact of laryngopharyngeal reflux on subjective and objective voice assessments: a prospective study. Journal of Otolaryngology – Head & Neck Surgery. 2016;45(1):59. doi:10.1186/s40463-016-0171-1
- IN Or OUT? — Asthma That Isn’t Asthma | The Voice Institute Of New York | Dr. Jamie Koufman. http://www.voiceinstituteofnewyork.com/in-vs-out-asthma-that-isnt-asthma/. Abgerufen am 24. Juli 2020.
- Koufman JA. The Otolaryngologic Manifestations of Gastroesophageal Reflux Disease (GERD): A Clinical Investigation of 225 Patients Using Ambulatory 24-Hour pH Monitoring and an Experimental Investigation of the Role of Acid and Pepsin in the Development of Laryngeal. The Laryngoscope. 1991;101:1-78. doi:10.1002/lary.1991.101.s53.1
- Megale SRMCL, Scanavini ABA, Andrade EC, Fernandes MIM, Anselmo-Lima WT. Gastroesophageal reflux disease: Its importance in ear, nose, and throat practice. International Journal of Pediatric Otorhinolaryngology. 2006;70(1):81-88. doi:10.1016/j.ijporl.2005.05.021
- Habermann W, Schmid C, Neumann K, DeVaney T, Hammer HF. Reflux Symptom Index and Reflux Finding Score in Otolaryngologic Practice. Journal of Voice. 2012;26(3):e123-e127. doi:10.1016/j.jvoice.2011.02.004